1.9.58

Iwan Grosnij II – Bojarskij Sagowor (Sergei Eisenstein, 1958)

Iwan der Schreckliche II – Verschwörung der Bojaren 

Der zweite Teil der geplanten Trilogie über Iwan den Schrecklichen konzentriert sich ganz auf die Kabale in der Umgebung des Zaren: Alte Gefährten verraten den Herrscher, einer läuft zu den Polen über, ein anderer kommt ihm als Metropolit von Moskau politisch in die Quere; seine eigene Tante, als Anführerin der bojarischen Adelsopposition Hauptgegnerin der Autokratie, plant die Ermordung ihres Neffen, nicht zuletzt um ihren schwachsinnigen Sohn auf den Thron zu hieven. Der Zar verkündet entschlossen, seinem Beinamen nunmehr alle Ehre machen zu wollen, und installiert als Instrument des Schreckensregimes die Opritschnina, einen schauerlichen Trupp von Kapuzenträgern, halb Geheimpolizei, halb Leibgarde, bedingungslose Getreue, die ihrem Herren zum Wohle Rußlands jeden schmutzigen Dienst erweisen. Auch wenn der zweite Teil von Sergei Eisensteins Epos die erzählerische Geschlossenheit des ersten vermissen läßt – Handlungsfäden hängen in der Luft, Charaktere verschwinden spurlos von der Bühne des Geschehens, eine Rückblende in Iwans Kindheit versucht, das Movens der historischen Idealfigur biographisch zu verorten –, so eignen dem Film doch visuelle Kraft und analytischer Scharfblick. Bedrückender als im Vorgänger durchzieht eine giftige Atmosphäre von Wahnsinn und Paranoia den Zarenhof, eine Ahnung von Tod und Verdammnis, die in einem lohenden Hexensabbat kulminiert: Zwei dämonische Farbsequenzen in Rot, Ocker und Blaugrau, ein wildes Fest und eine triumphierende Thronrede, bringen den endgültigen Sieg des einsamen Despoten über seine Widersacher: Die Säuberungen sind erledigt, die Macht ist zementiert … Offenbar fühlte sich der Auftraggeber von Eisenstein zu gut erkannt. Josef Stalin verbot die Aufführung des 1946 realisierten Films. »Iwan Grosnij II« gelangte erst 1958 in die sowjetischen Kinos, zwei Jahre nach Chrustschows Geheimrede über die Verbrechen in der Ära des »Personenkults«. Der dritte Teil des Werkes blieb unvollendet, die Trilogie Fragment.

R Sergei Eisenstein B Sergei Eisenstein K Andrei Moskwin, Eduard Tisse M Sergei Prokofjew A Josif Schpinel S Esfir Tobak P Mosfilm D Nikolai Tscherkassow, Serafima Birman, Pawel Kadrotschnikow, Amwrosi Buchma, Michail Scharow | SU | 88 min | 1:1,37 | sw & f | 1. September 1958

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