24.4.70

Dorian Gray (Massimo Dallamano, 1970)

Das Bildnis des Dorian Gray

Auf faszinierend dilettantenhafte Weise verhunzt, schwankt Massimo Dallamanos Oscar-Wilde-Adaption gestalterisch zwischen Wegwerf-Melodram und Schuljungen-Report, aufgedonnert mit ein paar linkischen Giallo-Einsprengseln. Wo die Vorlage Themen wie Jugend(wahn) und Schönheit(skult), Selbstliebe und Hedonismus, Amoralität und Dekadenz mit intellektuell-ironischer Verfeinerung verhandelt, schildert die Verfilmung, die die snobistisch-schauerromantischen Fin-de-siècle-Erzählung ins hip-hysterische Twiggy-Carnaby-Blowup-London der späten 1960er Jahre verlegt, lediglich einen sensationellen Fall (Bildnis altert! Abgebildeter bleibt frisch!) im veräußerlichten Darstellungsmodus einer grobgestrickten Illustrierten-Kolportage. Aber vielleicht liegt gerade in der Schäbigkeit der Bearbeitung ihre ungewollte (sogar weitblickende) Qualität: Inszenierung und Bilder, Ausstattung und Kostüme sind so unglaublich geschmacklos, daß Helmut Bergers (≈ Dorian Grays) idealische Wohlgestalt um so glanzvoller – und trügerischer – erstrahlt. Die ewige Attraktion des maßlosen und grausamen Protagonisten wird zum enthüllenden Spiegel der ihn allenthalben umgebenden konsumistischen Gemeinheit; die Perpetuierung der Ästhetik um jeden Preis erweist sich als (dämonisches) Äquivalent eines unaufhaltsamen gesellschaftlichen und sittlichen Zerfalls. 

R Massimo Dallamano B Marcello Coscia, Massimo Dallamano, Günter Ebert V Oscar Wilde K Otello Spila M Peppino de Luca, Carlo Pes S Leo Jahn, Nicholas Wentworth P Harry Alan Towers D Helmut Berger, Richard Todd, Herbert Lom, Marie Liljedahl, Isa Miranda | UKI & BRD | 93 min | 1:1,66 | f | 24. April 1970

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