6.10.78

Rheingold (Niklaus Schilling, 1978)

»Jetzt machen wir ein Unglück.« Eine Eisenbahnfahrt entlang des deutschesten aller Flüsse, eine sentimentale Reise in den Tod, ein melodramatisches Dreieck: eine schöne Frau mit goldblonden Locken, ihr Geliebter, ihr eifersüchtiger Ehemann … Im Trans-Europ-Express »Rheingold« trifft Elisabeth Drossbach (Elke Haltaufderheide) eines Tages ihren besten Freund aus Kindertagen wieder, der auf der legendären Strecke als Zugkellner arbeitet. Eine Liebesgeschichte nach Fahrplan nimmt ihren Lauf, bis der gehörnte Gatte die Treulose im Affekt mit einem goldenen Brieföffner ersticht. Während Elisabeth langsam und geschmackvoll verblutet, ziehen vor dem Fenster ihres Abteils malerische Landschaften, nationale Mythen und persönliche Erinnerungen vorüber. Fremde steigen zu und wieder aus, begleiten die Sterbende jeweils einige Stationen auf ihrem letzten Weg: ein Mon-Chéri-süchtiger Astrologe, der Erfinder der kleinsten Nähmaschine der Welt, eine geheimnisvoll lächelnde Rothaarige, ein weißhaariger Großvater, der seiner gretelhaften Enkelin Geschichten erzählt, von der Loreley und ihren Opfern, von Raubrittern und ihren Burgen. Woge, du Welle, walle zur Wiege! Schäumende Klangwolken eines wagnerianischer Synthesizer-Sounds ballen sich über dem pathetischen Geschehen, durch das Niklaus Schilling immer wieder helle Blitze der Ironie zucken läßt. »Rheingold« – ein kinematographischer Luxuszug, ein Erster-Klasse-Bewußtseinsstrom, eine schillernde Assoziationskette aus Schwulst und Spott.

R Niklaus Schilling B Niklaus Schilling K Ernst Wild M Eberhard Schoener A Greta Zeppel S Thomas Nikel P Elke Haltaufderheide D Elke Haltaufderheide, Rüdiger Kirschstein, Gunther Malzacher, Reinfried Keilich, Frank Zimmermann | BRD | 91 min | 1:1,66 | f | 6. Oktober 1978

# 773 | 19. September 2013 

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